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AutorenbildSandy

Bitte nicht auffallen, liebes Schulsystem

In der heutigen Zeit dürfen Kinder nicht aus der Norm fallen. Sie dürfen aber positiv auffallen, in dem sie ein Stückchen klüger sind als der Schnitt. Bitte wirklich nur ein Stückchen, denn zu viel würde wiederum bedeuten, dass das Kind gefordert werden muss. Ebenso wichtig ist, dass die Kinder ruhig sind und konzentriert von 8 Uhr morgens bis mindestens 13 Uhr lernen. Das müssen Kinder schließlich schon können, mit ihren knappen 6 Jahren.

Fällt ein Kind aus der Norm gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Es ist ein verhaltensauffälliges Kind, welches unbedingt entsprechende Förderung braucht. Oder

  2. Es ist ein überdurchschnittlich schlaues Kind, welches Forderung braucht.

Dann ist da zwar noch der Rest, aber der wird einfach in die 08/15 Schublade gedrückt. Platz für Individuen? Fehlanzeige. Die Maschinerie der Normalo-Kinder ist in vollem Gange und wer auffällt wird mit Missachtung gestraft. Ja, richtig gelesen. Missachtung. Nicht BEachtung. Dafür ist nämlich weder Zeit, noch fachlich kompetentes Personal vorhanden. Der Trend geht ja zum Alleskönner. Auch gerne Quereinsteiger genannt, der mittlerweile in jeder Branche vorhanden ist und einfach drauflos gelassen wird. Ist nämlich so schön günstig. Wozu noch in Bildung investieren, wenn man es irgendwie anders abgreifen kann?

Zurück zum eigentlichen Thema

Bereits in der ersten Klasse bekommen die 5 bis 6 jährigen einen Eintrag ins Mitteilungsheft, sofern sie nicht „kooperieren“. Jasmin ist zu laut, Murat schreit oft, Paul haut, Julia lenkt ihre Sitznachbarin ab… und so weiter. Nicht genug, dass wir als Eltern darüber informiert werden, nein es wird auch gerne gleich mit einer Bestrafungsmethode, oh, ‚tschuldigung, Belohnungsmethode hantiert. In der Klasse meines Sohnes gibt es eine Ampel, für die Tischgruppen. Eine Ampel für jedes Kind, ein Smileywettrenn-Plakat, Belohnungskarten bei Erfüllung von Extra Aufgaben und noch irgendetwas. Entschuldigt, wenn ich jetzt nicht gleich drauf komme, aber bei dieser Vielfalt an Belohnungen für die Belohnung der eigentlichen Bestrafung der Belohnung, hab ich doch glatt den Überblick verloren.

Was ich aber sehr wohl mitbekommen habe, sind die Tränen der Kinder, die nicht permanent auf grün waren, die keine 3 Smileys in einer Woche gesammelt haben, oder die, die das Heftchen mit einem Tadel mit nach Hause nehmen mussten.

Sozialverhalten. So wichtig.

Die Zeugnisse heutzutage sind detaillierter. Bei uns sind sie vierseitig. Ich hab kurz überschalgen und bin auf mehr als 50 Untergruppen gekommen, die alle samt einzelnd bewertet wurden. Mathe ist nicht einfach mehr Mathe. Mathe wird aufgedröselt in die diversen Untergruppen wie Rechnen bis 1000, Rechnen bis 10000, Geometrie, mathematisches Verständnis usw. . Auch das Sozialverhalten wird bewertet. Bitte nicht verwechseln mit „benotet“ denn das sind ja zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.

(Hier bitte empört die Augenbrauen hochziehen)

Noten sind böse, sie bewerten die Kinder und das ist böse. Zahlen sagen nichts über den eigentlichen Wissensstand aus und überhaupt fördert es wenn doch nur das Konkurrenzdenken unter den Kids. Stattdessen gibt es in der Grundschule meines Sohnes lieber Smileys, Doppel-Smileys, Baustellen und Doppel-Baustellen. Was sich im ersten Moment anfühlt wie 1-2, 3-4, 5-6 und Baumschule, ist aber breit gefächert. Der Doppel-Smiley ist gleichwertig mit ner 1+, der einfache hingegen kann von 1- bis 3+ alles bedeuten, auch der Rest scheint abhängig von der Laune des jeweiligen Lehrers zu sein.

Entschuldigt mein Sarkasmus.

Was willkürlich auf uns Eltern wirkt, ist absolut durchdacht. Der Grundgedanke dahinter ist auch wirklich toll (doch, meine ich ernst) und wichtig, nur geht er komplett unter, wenn man das, was man durch diese Zensuren vermeiden möchte, nicht entsprechend vorlebt. Ich kann doch nicht Wasser predigen und Wein trinken. Das ist wie ein Veganer der Schlangenlederschuhe trägt und genüsslich einen Rinderhackbraten verschlingt.

Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.

Veränderungen kann man nicht erzwingen, man muss sie leben. Vorleben. Dazu gehört auch, dass man nicht nur die Überdurchschnittlichen Schüler vor der Klasse lobt, sondern auch die, die ihren ganz eigenen Weg gegangen sind, der leider nicht bewertet wird. Noch nicht. Es ist an der Zeit, dass sich was verändern muss im Schulsystem. Nicht alle Lehrer sind so gestrickt wie meine Geschichte hier vernehmen lässt, dass ist mir (und euch doch hoffentlich auch) klar. Dennoch sind sie da, meist da oben und ziehen die Fäden des „das war schon immer so“ Gerüstes. Bloß nicht zu viel Veränderung. Bloß nicht zu viel qualitativ hochwertige Bildung, denn das kostet doch nur.

Discounter Bildung to go.

Und da sind wir wieder, beim Sozialverhalten. Denn auch das wird leider noch nicht so vorgelebt, wie es sein sollte. Aber es wird schonmal bewertet. Doch blöd ist, wenn du auch hier nicht der Norm entsprichst. Die Ruhigen, die fürs Klappe halten und nicht stören gelobt werden, sind leider zu ruhig um mündlich eine gute Bewertung zu bekommen. Die Lauten, die sich immer melden, auch mal reinrufen und fast immer alles richtig sagen, sind leider zu laut. Das gehört sich nicht und wird entsprechend bewertet. Die Normalen sind zu normal, kommen nicht aus sich raus und das meine Damen und Herren, das ist leider auch nicht gut und wird entsprechend mau bewertet.

Wie sagte doch schon einst eine gewisse Schulleiterin? „Wir haben keine Probleme. Zumindest sind von uns keine gemeldet und das soll auch so bleiben.“

Dieses Verhalten, Frau Schulleiterin, bewerte ich mit einer Doppel-Baustelle.

Aber was weiß ich schon.

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