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Familientisch: Zwischen Glaubenssätzen und Bedürfnissen

Autorenbild: Sandy Sandy

Der gemeinsame Familientisch ist oft mehr als nur ein Ort der Nahrungsaufnahme. Hier treffen Traditionen, Glaubenssätze und individuelle Bedürfnisse aufeinander. Doch wie beeinflussen unsere eigenen Vorstellungen das Essverhalten unserer Kinder?​


Traditionelle Glaubenssätze hinterfragen


Viele von uns sind mit dem Satz "Der Teller muss leer gegessen werden" aufgewachsen. Dieser Glaubenssatz stammt oft aus Zeiten, in denen Nahrung knapp war und Wertschätzung gegenüber dem Essen vermittelt werden sollte. Doch in der heutigen Zeit kann dieses Prinzip dazu führen, dass Kinder lernen, über ihr natürliches Sättigungsgefühl hinaus zu essen.​


Das natürliche Sättigungsgefühl respektieren


Kinder haben von Natur aus ein feines Gespür dafür, wann sie satt sind. Wenn wir ihnen erlauben, dieses Gefühl zu beachten, fördern wir eine gesunde Beziehung zum Essen. Indem wir Druck vermeiden und ihnen vertrauen, unterstützen wir sie dabei, auf die Signale ihres Körpers zu hören.​ Das gilt für alle Bereiche am Esstisch, denn auch das "Probieren müssen" baut Druck auf und führt oft zum Gegenteil von dem, was uns daran eigentlich so wichtig ist! Zudem hat das "nicht alles probieren wollen" einen evolutionären Grund: Früher war es überlebenswichtig, unbekannte Lebensmittel mit Skepsis zu betrachten.


Daher mein Tipp: Lebensmittel regelmäßig und ohne Druck anbieten, in dem diese einfach immer mit aufgedeckt werden und ihr als Erwachsene sie selber auch esst. Kinder schauen sich Essgewohnheiten von uns ab und entwickeln mit der Zeit von selbst mehr Neugier auf neue Geschmäcker.

„Plötzlich“ greift das Kind dann vielleicht doch zum Snackteller mit Karotten- und Gurkensticks und probiert. Und wenn es dann feststellt, dass es genauso schmeckt, wie es erwartet hat – nämlich gar nicht lecker – ist das völlig in Ordnung.

Hier braucht es weder tosenden Applaus fürs Probieren noch ein genervtes „Wie kann dir denn eine Gurke nicht schmecken?!“. Ein einfaches, neutrales „Ich habe gesehen, dass du dich getraut hast, etwas Neues zu probieren – cool!“ reicht völlig aus. Es kann und sollte wahrgenommen werden, aber ohne direkte Bewertung.


Gemeinsames Einkaufen und Essensplanung – Kinder aktiv einbinden

Kinder in die Planung und Zubereitung von Mahlzeiten einzubeziehen, kann ebenfalls ihr Interesse an verschiedenen Lebensmitteln fördern. Gemeinsames Einkaufen und das Erstellen eines Speiseplans bieten die Möglichkeit, über Lebensmittel zu sprechen und neue Speisen kennenzulernen. Studien zeigen, dass Kinder, die aktiv in die Essenszubereitung eingebunden werden, eher bereit sind, neue Lebensmittel zu probieren und eine positivere Einstellung zu gesunden Lebensmitteln entwickeln. (stiftung-gesundheitswissen.de)



Mein Tipp: Lass dein Kind beim Einkaufen Obst und Gemüse auswählen oder kleine Aufgaben in der Küche übernehmen. Das stärkt nicht nur die Eigenverantwortung, sondern macht Essen zu einem gemeinsamen Erlebnis und das ganz ohne Druck. (Und ganz wichtig: Das klappt natürlich nicht jeden Tag bei jeder Mahlzeit. Achte da auch auf dich selbst, wie es deine Ressourcen aktuell zulassen!


Und bis dann der Durchbruch kommt, wird auch dein Kind eine sehr lange Phase mit "nur nudeln ohne Soße" überleben.

Nudeln ohne Soße
Nudeln ohne Soße

Stillsitzen und Warten – kindliche Bedürfnisse berücksichtigen

Wenn Stillsitzen beim Essen zur Herausforderung wird..

Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang und finden es oft schwer, lange stillzusitzen. Starre Regeln wie „Sitzenbleiben, bis alle fertig sind“ können schnell zu Unruhe und Frustration führen. Stattdessen empfehlen Expert*innen, dem Bewegungsbedürfnis nachzugeben – sei es, indem das Kind später weiteressen darf oder während die Eltern in Ruhe zu Ende essen, das Kind bereits spielen kann.

Wichtig dabei: Es ist völlig in Ordnung – und sogar sinnvoll – dem Kind zu vermitteln, dass man selbst noch Hunger hat und die eigene Mahlzeit in Ruhe beenden möchte. So lernen Kinder, dass auch die Bedürfnisse anderer zählen.

Besser: Flexible Essenszeiten und die Möglichkeit, sich zwischendurch zu bewegen, können dazu beitragen, dass Mahlzeiten entspannter verlaufen.


Und glaubt mir, ich weiß, wie anstrengend es sein kann, wenn man eigentlich nur in Ruhe essen möchte, aber die Kinder kaum etwas essen und dann losrennen. Das ist ein Lernprozess – und es ist herausfordernd. Natürlich gibt es verschiedene Wege, das an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.


Wir handhaben es so, dass diejenigen, die bereits satt sind, aufstehen und sich ruhig beschäftigen können. Je nach Alter fragen wir, ob das Essen aufbewahrt werden soll, um zu signalisieren, dass es nicht einfach verschwindet und später noch gegessen werden kann. Wenn es gar nicht geschmeckt hat, ist das auch in Ordnung. In diesem Fall essen wir es entweder selbst oder es kommt weg.


Und ja, dabei stoßen wir immer wieder auf unsere eigenen alten Glaubenssätze und merken, dass auch wir noch daran arbeiten müssen. Vieles davon fällt uns nicht leicht, und es hängt stark von der eigenen Energie ab, wie entspannt begleitend wir sein können – und wo unsere persönliche Grenze liegt.


Komplex und herausfordernd – aber machbar!


Das Thema Familientisch ist wirklich vielschichtig. Unterschiedliche Bedürfnisse treffen aufeinander, und dabei wünschen wir uns doch eigentlich nur eine entspannte Mahlzeit, bei der alle satt und zufrieden werden.

Das Ziel ist klar: Ein wertschätzendes, druckfreies Miteinander beim Essen. Der Weg dorthin kann herausfordernd sein, aber wenn wir starre Regeln hinterfragen, unsere eigenen Glaubenssätze reflektieren und den individuellen Bedürfnissen in der Familie Raum geben, wird es Schritt für Schritt entspannter.


Bleibt zuversichtlich, denn der Familientisch darf sich entwickeln – genau wie wir als Eltern. 💛


Im nächsten Blogartikel widme ich mich dem Thema "Familientisch mit Teenies" , denn mit älteren Kindern verändert sich nochmal einiges! Bleibt dran!



Bis dahin,

eure Sandy

 
 
 

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